PIZZO DEL PRÉVAT

Luftige und beziehungsfrohe Kantenkletterei

Der Pizzo del Prévat erscheint fast wie nur ein Randgipfel des größeren Pizzo Campolungo. Dennoch fällt er durch seine harmonischen, gleichmäßig zulaufenden spitzen Gipfelaufbau sofort deutlich auf. Markante, klar geschnittene Grate streben in einer Linie nach oben und zeichnen seine klare Form.

Am nordöstlichen Grat verläuft die Route Spigolo Nordest (Nordostkante), eröffnet im Jahre 1943 von U. Bernasconi, A. Magistri und R. Rovagnati, welche zu den Klassikern und meistbegangenen Klettertouren am Prévat zählt. Wunderschön, oft luftig ausgesetzt und abwechslungsreich kann man hier an festem Gneis und mit moderner Absicherung hinaufturnen. Der etwas leichtere Aufstieg führt fast parallel etwas links davon mit der Route Cresta Nordest (Nordostgrat).

Verbunden mit einer Übernachtung auf der Capanna Leít bietet sich der Pizzo del Prévat als zwar alpines, aber doch leicht zugängliches und gut gesichertes Kletterziel an und hinterlässt mit seinem markanten Gipfelaufbau einen bleibenden Eindruck.

 

An einem Juliwochenende fuhren wir ins Valle Leventina, stiegen von Rodi zum Lago Tremorgio auf, wanderten gemütlich hinüber zur Alpe Campolungo und bestaunten die weißen Dolomitschichten, die die Landschaft eindrücklich prägen. Ab dem Lago Tremorgio hat man immer das Ziel vor Augen, den Prévat mit seiner auffälligen Form. Schnell waren wir bei der Capanna Leít. Mit sehr netter Aufmerksamkeit wurden wir hier empfangen.

 

Es ist schon sehr spannend, wie man auf Hütten immer „zusammengewürfelt“ wird. Das Hüttenteam legt die Schlaf- und Sitzplätze fest und meistens erleben wir, wie sich daraus unerwartete schöne Begegnungen und gute Gespräche ergeben. Diesmal, auf der Capanna Leít, war es wirklich beeindruckend. Beim Abendessen war die Hütte ziemlich voll, aber es war nicht übertrieben laut oder chaotisch, sondern eine ganz angeregte und doch ruhige Stimmung an jedem Tisch. Danach im Schlaflager, kurz vor dem Einschlafen wurde uns das noch bewusst und wir stellten fest, was für eine angenehme Gesellschaft es an diesem Abend gewesen ist. 

 

Am nächsten Morgen brachen wir auf zum Prévat und bei beiden Einstiegen sammelten sich schon die Seilschaften. Bei unserer Spigolo Nordest waren es 7 Seilschaften und daneben auf der Cresta Nordest 3 oder 4 Seilschaften. Langes Warten war daher angesagt, bis man einsteigen konnte. Doch keiner murrte, sondern ganz im Gegenteil: Es entstand ein kommunikatives Kennenlernen und mit der Zeit wussten wir alle Namen. Eine Seilschaft nach der anderen kletterte los und parallel sahen wir unsere Tischnachbarn von der Hütte auf der Nebenkante klettern. Es war wirklich nett und mir kam es wie ein Gemeinschaftsunternehmen vor. Obwohl sich alle fremd waren und bisher nicht kannten, waren wir nun gemeinsam auf dem Berg. Wir wussten, dort vorne sind Anna und Andreas, Jermaine und Nina und hinter uns Flora und Thomas und neben uns Doris und Gerhard usw.

 

Es war schön, man nahm sich wahr, wusste wo die anderen Seilschaften sind, stieg teilweise auch wieder gemeinsam ab und als wir wieder auf der Hütte waren, sahen wir nach und nach auch letzten Seilschaften auf der seitlichen Normalroute abseilen. Von der Hütte konnte man nämlich genau gegen den Horizont die absteigenden Kletterer beobachten. 

 

Gegen Abend wanderten wir zurück, nützten diesmal die Seilbahn ins Tal und fuhren erfüllt nach Hause.

Der Pizzo del Prévat mit seinen markanten, hochstrebenden Graten und das gemeinschaftlich verbundene, kommunikative Klettererlebnis sind lebendig in der Erinnerung geblieben.